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AZ-Interview mit Roger Hodgson
"Die Deutschen hören wirklich zu"
Martin Mai, aktualisiert am 16.03.2011 um 18:10 Uhr
Tritt heute in der Meistersingerhalle auf: Ex-Supertramp-Sänger Roger Hodgson.
Foto: Rob Shanahan
Was hat der Song „Dreamer“ nicht schon für Spott ertragen müssen – aus zwei guten Gründen. Erstens ist der im Refrain penetrant wiederholt besungene „Dreeeeaaaamer“ durchaus nervtötend. Was aber, zweitens, zu einem entscheidenden Charakteristikum eines echten Hits gehört: die Unverwechselbarkeit, das Ohrwurm-Gen. Der Mann, aus dessen Feder der Träumer stammt, ist Roger Hodgson, neben Rick Davies der damalige Songwriter von Supertramp. Auf das Konto des einstigen Band-Sängers gehen auch die meisten der anderen Charterfolge – etwa der „Logical Song“ oder „Give a little bit“. 1983 verließ Hodgson die Band, die bis heute 60 Millionen Tonträger verkaufte. Seitdem ist er solo unterwegs. Auf seinen Konzerten singt er aber immer noch die Supertramp-Songs. Heute kommt er in die Meistersingerhalle. Die AZ sprach mit dem Sänger.
AZ: Herr Hodgson, wie finden Sie es, dass Rick Davies mit Supertramp Ihre Songs singt, wie erst vor kurzem in der Nürnberger Arena?
ROGER HODGSON: Das fühlt sich für mich nicht richtig an! Das war nicht, was Rick und ich abgemacht haben. Ich habe 14 Jahre meines Lebens in Supertramp investiert. Und als ich die Band verließ, war für uns beide klar, dass die Band ihre zukünftige Musik spielen würde und nicht meine alten Songs. Deswegen habe ich ihm ja auch den Namen gelassen. Es greift mich an, dass er meine Songs unter dem Namen Supertramp ausbeutet. Ich möchte dabei aber am ehesten die Fans beschützen: Da meine Songs ja unter dem Namen der Band veröffentlicht wurden, wissen wenige, dass das eben meine Songs sind. Und als sie Supertramp sahen, aber die Stimme fehlte, da haben mich viele Menschen angeschrieben, die enttäuscht waren.
Sind Sie deshalb sauer oder verbittert?
Nein, das nicht. Aber ich merke, dass ich in der Vergangenheit nicht immer die besten Entscheidungen gefällt habe. Ich war geschäftlich tatsächlich eher naiv. Jetzt bin ich immerhin etwas älter und weiser. Und ich bin sehr dankbar, dass so viele Leute zu meinen Konzerten kommen und mich schätzen. Und dass meine Stimme immer noch so gut ist, wie damals (lacht).
Ihre Fans schätzen Sie sogar so sehr, dass man Ihnen vor zwei Jahren in Nürnberg...
...„Happy Birthday“ gesungen hat – das war großartig! Mir haben noch nie über 2000 Menschen ein Geburtstagsständchen gebracht. Wow! Aber genau dafür liebe ich auch das deutsche Publikum. Die sind sehr ehrlich. Wenn die Menschen hier begeistert sind und einen mögen, weiß man: Das ist ehrlich gemeint.
In anderen Ländern tun die Besucher nur so, als würden sie klatschen?
(lacht) Nein, das nicht. Aber in anderen Ländern ist es schon so, dass das Publikum durchdreht und begeistert ist – egal, was man tut. Das ist in Deutschland anders. Die hören wirklich zu. Sie sind zwar ernst, haben aber eben auch ein großes Herz.
Ihre Lieder werden seit 30 Jahren ständig gespielt. Was macht einen Song so dermaßen zeitlos?
Ich denke, ich habe die Gabe, gute Melodien zu schreiben. Aber es hat auch damit zu tun, wie die Songs entstanden. Diese Lieder stammen aus meinem Herzen. Sie entstanden sehr, sehr pur. Aus meiner Freude, aus meinem Schmerz. Das waren immer echte Gefühle, die ich in meine Songs gepackt habe. Und weil sie eben so pur sind, erreichen sie auch in den Menschen, die sie hören, einen puren, reinen Platz. Ich denke, das ist die beste Erklärung, auf die ich bisher gekommen bin.
"Kinder lieben ,It's raining again'!"
Also ist es das Unverfälschte, was einen Popsong groß macht?
Inspiration kommt, wenn der Verstand geht – es ist eine Art Meditation. Ich versuche nicht, Musik zu schreiben. Plötzlich startet die Musik, und dann verliere ich mich.
Und das funktioniert? Ganz ohne Grübeln und Arbeit?
Was ich herausgefunden habe: Viele kleine Kinder mögen meine Musik. Die lieben „It’s raining again“. Die Kinder haben in dem Alter noch keine Filter, die wir ja alle im Laufe unseren Lebens aufbauen. Die mögen, was sie mögen, ohne große rationale Erklärungen. Ich denke, das ist eine Art Beweis für die These mit der unschuldigen, unverfälschten Reinheit eines Popsongs, der funktioniert.
Artikel
AZ-Interview with Roger Hodgson 03-15-2011
"The Germans do really listen”
The song “Dreamer” has had to endure a lot of mockery – out of two good causes. First of all the obtrusive “Dreeeeaaamer”, repeatedly sung in the chorus is quite tedious. But secondly, just that is a crucial feature of a genuine hit: the uniqueness, the catchy-tune-gene. The man who wrote the dreamer is Roger Hodgson, who, alongside Rick Davies was the Supertramp-songwriter at the time. He also accounts for most of the other charts hits – like for instance “The Logical Song” or “Give A Little Bit”. 1983 Hodgson left the band, which has sold 60 million records up till today. Today he will be performing at the Meistersingerhalle. AZ has spoken to the singer.
AZ: Mr. Hodgson, what do you think when seeing Rick Davies perform your songs with Supertramp, as he just recently did at the Nuremberg Arena?
ROGER HODGSON: That does not feel right to me! That's not what Rick and I have agreed upon. I have put 14 years of my life into Supertramp. And when I left the band, it was clear to both of us that the band would play their future music and not my old songs. That's why I left the name with him. It's getting me down that he is exploiting my songs under the name of Supertramp. Those songs were released under the name of Supertramp and so not many people are aware of the fact that they are my songs. And when the people went to see Supertramp and my voice was missing, I received many letters from disappointed fans.
Are you angry or bitter about it?
No, I am not. But I do realize that the decisions I have taken in the past have not always been the best. On a business level I have been rather naïve. Now I am a bit older and wiser after all. And I am very grateful that so many people are coming to my concerts and are appreciating me. And that my voice is still as good as back then (laughs).
Your fans appreciate you so much that two years ago at Nuremberg, they even...
...sang “Happy Birthday” to me – that was great! I've never experienced that before: 2000 people serenading me for birthday. Wow! But that's exactly why I love German audiences. They're very honest. When people here are enthused and when they like you, then you know: they mean it.
Do people in other countries just fake the applause?
(laughs) No, that's not the case. But in other countries audiences go mad and are enthused - no matter what you do. In Germany that's different. They do really listen. They're earnest people but at the same time they've got a big heart.
Your songs are being constantly played for over 30 years now. What is it that makes a song so timeless?
I believe, I've got a talent for writing good melodies. But it also has to do with how my songs were conceived. These songs are coming from my heart. They were created in a very, very pure way. Out of my joy, out of my pain. It was always about genuine feelings that I put in my songs. And because they are so pure, they have the ability to reach the people who listen to them in a pure place. I think this is the best explanation that has occurred to me.
“Children love 'It's Raining Again'”
So it is the pureness that makes a popsong great?
Inspiration comes when intellect goes – it is a kind of meditation. I don't force writing music. Suddenly the music starts and then I lose myself in it.
And that works? Completely free of pondering and labour?
What I found out: Many small children like my music. They love “It's Raining Again”. The children at that age haven't got those filters which we all develop during our lives. They like what they like, without big rational explanations. I think that is proof of the theory of the innocent, pristine pureness of a popsong that really works.
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