Stuttgart - Vielleicht ist es im zwanzigsten Jahr der Jazz Open müßig
darüber nachzudenken, wie hoch der Anteil an Jazz bei den Acts auf der
großen Bühne des Schlossplatzes noch ist. Neue Impulse aber darf man
auch vom Pop erwarten. Allein: wie sollen sich diese Impulse anhören mit
Songs von einer Band, die es seit dreißig Jahren nicht mehr gibt,
dargeboten von „the legendary Voice of Supertramp“, aus deren Feder sie
immerhin stammen?
Nun ist es vielleicht ebenso müßig darüber nachzudenken, wann bei
solchen Versuchen von Pop meets Classic wirklich eine Bereicherung
herausgesprungen wäre. Aus der jüngeren Vergangenheit fällt uns nur ein
Beispiel ein, mit dem in eine neue Dimension vorgestoßen wurde: Peter
Gabriel verzichtete bei seinem Experiment komplett auf die Band und ließ
seine Songs völlig neu arrangieren.
Streicherteppich von den Philharmonikern
Bei Roger Hodgson mit Band und den Stuttgarter Philharmonikern aber
kommt vom Orchester auf einem nicht schlechten Tribünenplatz im nicht
ausverkauften Ehrenhof des Neuen Schlosses außer einer sommerlichen
Brise nur ein dezenter Streicherteppich an, der meist gleichförmig
klingt und manche Melodien einfach eins zu eins überträgt.
Es scheint so, dass Bernd Ruf, zu dessen Referenzen die Orchestrierung
von Pur und Katie Melua zählt, in seinen Arrangements nach wie vor nur
auf das Allernötigste setzt. So kann man sich einigen Klassikern der
Popgeschichte zwar nostalgisch hingeben, denn Roger Hodgson ist immer
noch gut bei Stimme.
Kitsch gegen Solopart am Piano
Den Anspruch jedoch, den Songs von Supertramp groß orchestriert noch
mehr abgewinnen zu können, muss man als Abend der verpassten
Möglichkeiten werten. Vielleicht bieten Lieder wie „Dreamer“, in denen
Hodgson – typisch Supertramp-Sound – mit der Rechten aus dem E-Piano
die Sechzehntel heraushackt, einfach zu wenige Lücken für einen großen
Klangkörper. Aber auch in den leisen Momenten von „School“ etwa spielt
das Orchester eine so geringe Rolle, dass es überflüssig wird.
Einzig in den durchweg getragenen Nummern wie „Lovers in the Wind“ oder
„Only Because of You“ kommt eine breitere Instrumentierung zum Tragen –
und wird zum Kitsch. Und eingesetzt wird das Orchester natürlich auch
in einem Song, der es mit seinen klassischen Ambitionen schon im
Original auf über zehn Minuten bringt: „Fool’s Ouverture“, die heimliche
Hymne von Supertramp, die freilich im Schatten von all den gespielten
Hits wie „Breakfast in America“, „Logical Song“, „Give a little bit“ und
„It’s raining again“ steht.
Einer der eindringlichsten Momente aber an diesem Abend ist
bezeichnenderweise einer der stillsten. Es ist – eben – der Song „Even
in the quietest Moments“ von und mit Roger Hodgson: er, ganz allein auf
der zwölfsaitigen Gitarre.
Wir zeigen Bilder von Roger Hodgsons Konzert. Klicken Sie sich durch!
Für die Original-Artikel:
stuttgarter-zeitung.de
Jazz Open Stuttgart
Roger
Hodgson plays on the Schlossplatz - with orchestra